Hagelversicherungs-Generaldirektor Kurt Weinberger und WIFO-Agrarexperte Franz Sinabell präsentierten eine WIFO-Studie unter dem Titel „Bodenverbrauch nimmt uns Essen vom Teller“. Und tatsächlich hätte mit der seit der Jahrtausendwende verlorenen Ackerfläche eine halbe Million Menschen ernährt werden können.

 

Appellieren an die Verantwortlichen: Dr. Kurt Weinberger, Dozent Dr. Franz Sinabell: „Stoppen wir den Bodenverbrauch, sichern wir so unser Essen“

 

„Durch den Bodenverbrauch kommt es zu einem Verlust der Produktionsgrundlage und somit zu einer Gefährdung der Lebensmittelversorgung. Das ist auch eine Frage der nationalen Sicherheit. Daher muss es das oberste Ziel Österreichs sein, die Lebensgrundlage Boden zu erhalten, nicht durch Verbauung weiter zu zerstören und die Selbstversorgung Österreichs mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel zu setzen. Hier herrscht jedenfalls Handlungsbedarf“, so der eingehende Appell des Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger, und des Autors der WIFO-Studie Dozent Dr. Franz Sinabell. Der WIFO-Agrarexperte berechnete, wie viele Menschen durch den Verlust der Ackerfläche seit der Agrarstrukturerhebung 1999 ernährt hätten werden können.

 

 

Studie Download: https://www.hagel.at/wp-content/uploads/2023/07/PK-Studie_Flaechenentwicklung.pdf

 

In zwei Jahrzehnten 72.000 Hektar verbaut
Sinabell fasst die Studienergebnisse so zusammen: „Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen der Flächenverbrauch, also die Verbauung von Flächen, im internationalen Vergleich sehr hoch ist. Zu den Nachteilen der Verbauung zählen neben dem Verlust von naturnahen Flächen und den damit verbundenen Ökosystemleistungen die Einschränkung des Produktionspotenzials und der Versorgungssicherheit. Die Ergebnisse zeigen, dass das Ackerland zwischen 1999 und 2020 um über 72.000 Hektar abgenommen hat. Das bedeutete eine Verringerung der Ackerfläche von 1.750 auf 1.460 m2 pro Person. Dieser Rückgang setzt sich einerseits aus dem Verlust von Ackerland und andererseits aus dem Anstieg der Bevölkerung zusammen. Umgerechnet in Versorgungsleistung heißt das, dass in Österreich binnen 20 Jahren etwa 480.000 Menschen pro Jahr weniger ernährt werden können.“

 

 

Von Beton können wir nicht abbeißen
Weinberger bestätigt Sinabells Zahlen: „Österreich ist bei der Zerstörung der Böden Europameister im negativen Sinn: Wir haben die höchste Anzahl an Supermärkten pro 100.000 Einwohner, nämlich 60. Wir haben eines der dichtesten Straßennetze Europas mit 15 Meter pro Kopf. In den letzten 15 Jahren wurden im Durchschnitt 20 Hektar pro Tag in Österreich verbaut. Die Verbauung ist das größte Umweltproblem in Österreich. Tag für Tag sinkt durch die Zerstörung unserer Äcker und Wiesen der Selbstversorgungsgrad und Österreich wird zunehmend von Importen abhängig und somit verletzbar. Um nicht einen kollektiven Selbstmord zu begehen und uns in Abhängigkeiten zu begeben, müssen wir, wie in der Schweiz, den produktivsten Böden ein absolutes Bauverbot auferlegen, um die Ernährungssicherung der Bevölkerung auch in Zukunft sicherzustellen. Von Beton können wir uns jedenfalls nicht ernähren. Der gesetzliche Schutz von Agrarflächen ist aber nur eine Maßnahme. Die geplante Bodenschutzstrategie bietet nach den Prinzipien ‚Vermeiden, Wiederverwerten, Minimieren‘ zwar ein Maßnahmenbündel zur Zielerreichung von 2,5 Hektar pro Tag an. Sie braucht aber verbindliche, quantitative Zielwerte. Wenn wir das Land mit dem Tempo wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten weiter zubetonieren, dann gibt es in 200 Jahren keine Landwirtschaft mehr in Österreich“, so Weinberger.

 

Fotos: ÖHV