Heinrich Hilpert, der langjährige Chefredakteur des AIZ Pressedienstes, feierte seinen 100. Geburtstag. Hilpert leitete das „Agrarische Informationszentrum“ ab dem Jahr 1959, die erste AIZ-Ausgabe erschien am 1. Februar 1960, bis zum Jahr 1985.

 

Heinrich Hilpert
Dr. Heinrich Hilpert

 

Der Doyen des österreichischen Agrarjournalismus wurde am 20. Mai 1922 in Radstadt geboren, besuchte das humanistische Gymnasium „Rupertinum“ in Salzburg und maturierte im Jahr 1940. Ende 1941 wurde er zur Wehrmacht einberufen und 1944 an der Westfront von den Amerikanern gefangen genommen. Hilpert konnte 1945 nach Salzburg zurückkehren.

Er wurde im selben Jahr Salzburger Korrespondent der „United Press“ und arbeitete gleichzeitig als Redakteur bei der „Austria Presseagentur“ und den „Salzburger Nachrichten“.

 

Heinrich Hilpert Student
Philosophisch gebildet: Heinrich Hilpert

 

Neben seiner journalistischen Tätigkeit studierte er ab 1947 Philosophie, Volkskunde und Kunstgeschichte und schloss sein Studium 1952 mit der Dissertation über den Mystiker und Philosophen Jacob Böhme, dieser lebte von 1575 bis 1624, ab. Titel der Dissertation: „Die Leidenstheorie Jakob Böhmes“.

 

Hilpert und Hausjurist
Heinrich Hilpert: Vielseitig versiert und außerordentlich belesen

 

Heinrich Hilpert übersiedelte 1956 nach Wien, wo er als Leiter der Wiener Redaktion der „Salzburger Nachrichten“ tätig wurde. Er baute in dieser Tageszeitung die Berichterstattung über land- und forstwirtschaftliche Themen beispielgebend auch für andere Tagesmedien aus.

 

Hilpert im Süden
Auf Fachexkursion mit Feigenbaum: Chefredakteur Heinrich Hilpert

 

Im September 1959 übernahm Heinrich Hilpert als Gründungs-Chefredakteur die Leitung des AIZ Pressedienstes, der gerade im Entstehen begriffen war. Seinen Abschied nahm Hilpert 26 Jahre später im Jahr 1985 mit der AIZ-Ausgabe Nr. 6514.

Seine Erben als Chefredakteure waren bzw. sind zwischen 1985 und 1990 Dr. Klaus Höglinger und seit 1990 Christian Posekany.

 

Hilpert oberhalb Salzburg
Hilpert: Seine Karriere begann in Salzburg

 

Nach der Pensionierung zog er mit seiner Frau Lisa, die 2016 verstarb, nach Hallwang bei Salzburg. Lisa Hilpert war ebenfalls als Redakteurin im AIZ tätig.

 

Heinrich und Lisa Hilpert
Das Ehepaar Heinrich und Lisa Hilpert

 

Hilpert ist Träger höchster Auszeichnungen, wie des Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, des Hans-Kudlich-Preises und des Eduard-Hartmann-Preises, den er vom VAÖ 1981 erhielt.

Hilpert und die Jacob-Böhme -Gesellschaft
Die Familie Christine und Georg Obererlacher, die Heinrich Hilpert professionell betreut, hat Heinrich Hilpert noch einen Jugendtraum erfüllt: Er bedauerte nämlich, es verabsäumt zu haben, seine Doktorarbeit über Jacob Böhme der „Internationalen Jacob-Böhme-Gesellschaft“ zu einer Bewertung geschickt zu haben.

Den Obererlachers fiel im Vorjahr in seiner Wiener Wohnung, aus der er auszog, zufällig eine Durchschrift dieser Arbeit in die Hände, die sie umgehend an die Böhme-Gesellschaft geschickt haben. Das Schicksal nahm einen positiven Verlauf und die Arbeit fiel in die richtigen Hände. Mittlerweile ist sie auf der Homepage der Gesellschaft abrufbar.

Dr. Thomas Isermann von der Internationalen Jacob-Böhme-Gesellschaft e.V. in Görlitz (Deutschland) würdigte den Jubilar in einem langen Schreiben, in dem er auch Hilperts Lebenslauf detailliert nachvollzieht.

Hier der Wortlaut:

Internationale Jacob-Böhme-Gesellschaft e.V.

Dr. Heinrich Hilpert zum einhundertsten Geburtstag

Wir gratulieren dem Jacob-Böhme-Freund aus Salzburg, Dr. Heinrich Hilpert, sehr herzlich zum einhundertsten Geburtstag.

Heinrich Hilpert ist ein Kind seiner Zeit und ein Zeitgenosse vieler Gegenwarten. Bevor wir auf sein Verhältnis zu Jacob Böhme eingehen, werfen wir einen Blick auf seinen Lebenslauf. Er zeigt ein wechselvolles Leben in sich stets wandelnden Zeiten. Geboren ist er am 20. Mai 1922 als erstes von drei Kindern in Radstadt, Österreich, in Sichtweite des Dachsteingebirges. Der Vater Guido Hilpert war ein Postamtsvorstand. 1935 siedelte die Familie nach Salzburg aus ökonomischen Überlegungen, auch um die Internatskosten für die Kinder einzusparen.

Nach der Matura am Staatsgymnasium Salzburg 1940 musste Heinrich Hilpert für sechs Monate zum Reichsarbeitsdienst, danach erhielt er einen ersten Arbeitsplatz bei der Landes-Krankenkasse. Sein damaliges Interesse galt der Landwirtschaft. Seine Absicht, in Wien Bodenkultur zu studieren, ermöglichte ihm einen Wechsel in den Reichsnährstand. Wegen starker Kurzsichtigkeit war bei der Musterung keine Einberufung vorgesehen. Trotz dieses Handicaps erhielt Heinrich Hilpert 1942 die Einberufung zur Wehrmacht. Er leistete Schreibstubentätigkeit in der Standortkompanie Salzburg. Doch 1944 wurde er unerwartet umgestuft zur Arbeitsfähigkeit mit Fronttauglichkeit. Mit einer Gebirgsjäger-Einheit wurde er zum Fronteinsatz in die französischen Vogesen verlegt. Nach nur einer Woche Einsatz geriet er in amerikanische Gefangenschaft, die er in Marseille zubrachte, indem er zur Arbeit an die Franzosen ausgeliehen wurde.

1945 kehrte Heinrich Hilpert nach Salzburg zurück. Er war von 1945 bis 1956 bei „United Press Assoc.“ beschäftigt und nebenberuflich Landtagsstenotypist des Salzburger Landtags. Die „Salzburger Nachrichten“ und „United Press“ teilten sich damals einen Fernschreiber und beide Unternehmen waren im gleichen Haus untergebracht. Heinrich Hilpert begann 1945 als Betreuer des Fernschreibers, während er sich zumeist in der Nachtschicht dem Studium widmen und am Tag die Vorlesungen besuchen konnte. Diese Lösung ermöglichte daher den Beginn des Philosophiestudiums an der Universität Salzburg. 1952 schloss er das Studium mit Römisch päpstlichem Doktorat ab, das durch die Universität Graz nostrifiziert und austrofiziert wurde.

Allmählich arbeitete er sich zum Redakteur und Journalisten empor, so dass auch der Eigentümer der „Salzburger Nachrichten“ auf ihn aufmerksam wurde, was zu seiner Berufung nach Wien führte. 1956 boten ihm die „Salzburger Nachrichten“ die Leitung der Redaktion in Wien an, woraufhin er 1956 nach Wien übersiedelte und dort 1957 den Bund der Ehe mit Elisabeth, einer Stenotypistin, einging.

Landwirtschaftskammer und Raiffeisen gründeten 1960 einen täglich erscheinenden Pressedienst in Wien, das „Agrarische Infomationszentrum AIZ“. Heinrich Hilpert übernahm die Leitung und führte gemeinsam mit seiner Ehefrau den Pressedienst erfolgreich bis zum gemeinsamen Übertritt in den Ruhestand 1985, der ihm, statt Ruhe, ein lange andauerndes Beschäftigungsfeld bot. Seit 1991 wohnen er und seine Frau wieder in Salzburg, wo die Ehegattin Elisabeth 2016 verschied.

Er hat 1953 eine Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde über „Die Leidenstheorie Jakob Böhmes“ verfasst, die nur als Typoskript vorliegt und die wir vor rund einem Jahr hier auf unserer Homepage als Faksimile veröffentlicht haben. Seitdem ist sie von mehreren hundert Lesern unserer Homepage aufgenommen worden.

Der Ansatz des Autors, das „Phänomen“ Böhme aus der Perspektive seiner Leidenstheorie oder überhaupt des Leidens als Bestandteil der von Böhme thematisierten göttlichen Sphäre zu betrachten, erfasst ein wesentliches Element der mystischen Philosophie, wie deren Tradition diese Arbeit plausibel nachzeichnet. Bei Jacob Böhme ist das Leiden durchaus ein Mitleiden, ein Anliegen seiner Sozialkritik, und eine erkannte Folge des Bösen in der Welt, das der barocke Autor Böhme um 1620 bereits in den Abgründen Gottes formuliert, nicht immer zur Freude der Kirchen, sondern als deren Antreiber, Reformator und Erneuerer.

Das Leiden bei Jacob Böhme zu betonen, zeigt eine deutliche Aktualität dieser Arbeit Heinrich Hilperts von 1952, die in weiten Strecken keinesfalls überholt scheint. Durch die Konzentration auf das Leiden wird der abstrakte Begriff des Bösen in die konkrete Erfahrbarkeit in unserem Leben ermöglicht. Denn vor dem Begriff des „Bösen“, bei dem nicht einmal sicher ist, ob es „das Böse“ überhaupt gibt, steht das Leiden als eine Erfahrung, die es auf jeden Fall gibt, die jeder von uns in irgendeiner Form erlebt, und zu dessen Bestätigung heute wie ehedem ein kleiner Rundumblick ausreicht, um zu sehen: Selten gab es, global gesehen, mehr Leid als in unserer Zeit, und es wird immer mehr. Nicht nur für die Freunde Jacob Böhmes in der Welt, in der wir leben, wird das Thema Heinrich Hilperts über das Leiden in der Welt ebenfalls immer aktueller. Wir haben wieder Krieg in Europa, wie wenig Menschen können sich an den letzten aus eigenem Erleben erinnern, die noch aus der Generation Heinrich Hilperts stammen.

Die Arbeit von Dr. Heinrich Hilpert über die Leidenstheorie bei Jacob Böhme ist in diesem Sinn noch zu entdecken. Sie enthält denn auch stets die Zuversicht, die uns aus den Lehren der Vergangenheit den Glauben weiterreicht, dass die Liebe die Gegenwart erfüllt und als Hoffnung uns in die Zukunft blicken lässt.

Wir wünschen Dr. Heinrich Hilpert alles Gute und freuen uns über seinen einhundertsten Geburtstag.

Thomas Isermann
für den Vorstand der Internationalen Jacob Böhme Gesellschaft

 

SN Artikel 100 jahre HH

 

20. Mai 2022: „Salzburger Nachrichten“
In der Lokalausgabe der „Salzburger Nachrichten“ vom 20. Mai 2022 erschien auf der Seite 8 ein Artikel über den früheren „SN“-Kollegen Heinrich Hilpert, verfasst von Anna Boschner unter dem Titel „100-Jähriger erinnert sich an Zeit bei den SN“.

Hier der Artikel im Wortlaut:

100-Jähriger erinnert sich an Zeit bei den SN

Anna Boschner Salzburg.

Heinrich Hilpert ist älter als die „Salzburger Nachrichten“. Als junger Journalist erlebte der heute 100-Jährige die Anfänge der Zeitung.

Mit dem Rollator steht Heinrich Hilpert auf seinem Balkon. Von dort blickt er auf die Häuser von Hallwang. Eine kleine Runde auf den Balkon und wieder zurück muss sein. Und das Fest zu seinem Geburtstag auch. Hilpert feiert am Freitag seinen 100. Geburtstag. „Da hab ich mir gedacht, ich lade noch einmal alle ein. Damit ich sie lebend sehe und nicht erst bei meiner Beerdigung.“ Auch aus Wien reisen Bekannte nach Salzburg an. Dort lebte der gebürtige Salzburger bis zu seiner Pension. Der Journalist schrieb für die „Salzburger Nachrichten“ und leitete zeitweise deren Wiener Redaktion. Die Stadt wurde seine zweite Heimat, er habe sich selbst sogar nur mehr als „Meidlinger“ vorgestellt. „Dabei habe ich mich anfangs gesträubt, überhaupt nach Wien zu gehen. Aber Chefredakteur Gustav Canaval sagte damals: Der Hilpert, der geht nach Wien.“ Das war 1956 – auch 66 Jahre später kann er sich noch genau erinnern. „Mein erster Tag in Wien, das war ein Samstag.“ Eine Cousine habe ihm eine Unterkunft organisiert und eine Willkommensparty veranstaltet. „So kam es, dass ich nach dem ersten Tag in Wien gar nicht schlafen ging, sondern die ganze Nacht feierte“, sagt Hilpert und lacht. Noch heute sehe er das Bild seines verwaisten Motorrollers vor Augen, den er nach einer durchzechten Nacht vor der Bar stehen ließ, um zu Fuß nach Hause zu gehen.

Dass er einmal Journalist werden würde, habe er nicht geplant. „Eigentlich wollte ich in die Landwirtschaft.“ Nach dem Krieg habe er jedoch eine Anstellung bei der United Press bekommen. Begonnen habe er dort als Betreuer des Fernschreibers. „Das war für damals ein guter Job und die Bezahlung stimmte.“ Nach ein paar Jahren wechselte er zu den „Salzburger Nachrichten“ und konnte dort auch erstmals selbst journalistisch tätig sein und Artikel schreiben. „Meine Feuerprobe war das Berichten über das Unglück auf dem Krippenstein.“ Am Dachsteinmassiv waren 1954 zehn Schüler und zwei Lehrer und eine Lehrerin von einer Wanderung nicht zurückgekehrt. Tagelang suchten Einsatzkräfte nach der vermissten Schülergruppe und ihren Lehrern, die trotz unbeständiger Wetterlage am Gründonnerstag wandern gegangen waren. „Ich kann mich noch erinnern, wie es hieß: Hilpert, Sie müssen sofort nach Krippenstein. Das habe ich gemacht und auch meine Ski mitgenommen.“ Vor Ort sei er zunächst der einzige Journalist gewesen, der über die Suchaktion berichtete. „Ich habe sofort Kontakt zur Gendarmerie und der Bergwacht aufgenommen.“ Die Schülergruppe und die drei Lehrer verunglückten im Schneesturm. Über 500 Einsatzkräfte suchten nach ihnen – doch erst nach sechs Wochen fand man die letzten Toten. Hilpert selbst ist etwa eine Woche vor Ort gewesen. „Die Texte habe ich am Telefon in die Redaktion nach Salzburg durchgegeben. Es gab bereits eine feste Telefonverbindung, eine Neuerung damals.“

Vom Journalismus wechselte der 100-Jährige in die Pressearbeit: 1960 übernahm er die Leitung des neu gegründeten Agrarischen Informationszentrums der Landwirtschaftskammer – und kam damit doch noch seinem ersten Berufswunsch näher. Dort arbeitete er gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth, die er Jahre zuvor auf einer Faschingsfeier kennengelernt hatte. Was den 100-Jährigen so fit gehalten habe? „Die Berge und körperliche Tüchtigkeit.“ Zum Geburtstag wünsche er sich nichts.

20. Mai 2022, Salzburger Nachrichten, Seite L8

Artikel in den „Salzburger Nachrichten“ aus Anlass des 100. Geburtstages von Dr. Heinrich Hilpert SN Regionalausgabe Seite 8 20. Mai 2022

Pressedienst AIZ – Agrarisches Informationszentrum
Am 1. Februar 1960 erschien die erste Ausgabe des Pressedienstes AIZ – Agrarisches Informationszentrum. „Es ist das erste Mal, dass sich die land- und forstwirtschaftlichen Spitzenorganisationen zusammenschließen, um gemeinsam über einen Presse- und Informationsdienst den intensiven täglichen Kontakt zu allen Wirtschaftszweigen zu pflegen und damit eine enge Verbindung zwischen der landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung herzustellen“, heißt es im Vorwort der Nummer 1.

Weiter ist dort zu lesen: „Noch immer hat die Öffentlichkeit in ihrem Bewusstsein ein verzerrtes Bild vom Bauerntum; vielfach ist es noch stark romantisch, museal oder volkskundlich verankert. Darum wird es notwendig sein, eine moderne Anschauung von dem im Laufe der letzten Jahrzehnte soziologisch inzwischen verwandelten und umgeschichteten Stand des Bauern und Landwirts zu vermitteln.“

1. Februar 1960, erste Ausgabe des AIZ 1. Februar 1960 erste Ausgabe des Pressedienstes AIZ – Agrarisches Informationszentrum

Fotos: SN/Anna Boschner, Familie Hilpert