Was hat die Weltausstellung in Wien (1873) mit dem Francisco Josephinum zu tun? Dieses Geheimnis hat das Vorstandsmitglied des Absolventenverbandes, Chefredakteur der BauernZeitung, Österreich-Korrespondent von „Agra Europe“  und Redaktionsleiter der „Josephiner Nachrichten“ Bernhard Weber, in der jüngsten Ausgabe der „Josephiner Nachrichten“ gelüftet.

 

Bernhard Weber hat für die „Josephiner Nachrichten“ wieder eine historische Sensation ausgegraben

 

Hier das Ergebnis seiner peniblen Recherchen, die ihn ein weiteres Mal als Historiker (VAÖ News berichtete darüber) bestätigen.

Wie das Josephinum von der Weltausstellung profitiert hat

Vor genau 150 Jahren war Wien erstmals nach London und Paris Austragungsort einer Weltausstellung. Indirekt profitiert von der Schau hat nach deren Ende auch das Francisco-Josephinum, damals noch in dessen Gründungsjahren am Standort Mödling.

Für die Hauptstadt der damaligen k.u.k. Monarchie brachte die Mega-Schau einen enormen Bau- und Infrastrukturschub, nicht nur rund um das Austragungsgelände im Prater und um die monumentale Rotunde, dem damals mit 108 Metern Durchmesser größten Kuppelbau der Welt, der allerdings 1937 in Flammen aufging. Im Vorfeld der Weltausstellung wurde die 1. Wiener Hochquellenleitung mit ihrem kristallklaren Quellwasser errichtet. Mit sechs neuen Bahnhöfen und -trassen wurde Wien schlagartig zur mitteleuropäischen Eisenbahndrehscheibe. Dazu kamen andere öffentliche Verkehrsmittel und für den Tourismus Hotels wie das Imperial oder das Hansen Kempinski. Durch die Weltausstellung 1873 wurde Wien zur Weltstadt.

Am Ende waren es zwar „nur“ 7,5 Mio. statt der erwarteten 20 Mio. Besucher, die von der ersten Weltausstellung im deutschsprachigen Raum angezogen wurden. Trotz dem ersten Wiener Börsenkrach sowie einer Choleraepidemie im gleichen Jahr ließen sich aber viele Gäste auch aus dem fernen Ausland nicht von einer Reise nach Wien abhalten. Die Veranstaltung war mit 40 beteiligten Ländern, darunter die Türkei, Ägypten bis Thailand, China und Japan, ein Erfolg.

 

Der Pavillon des Hauses Coburg-Gotha wurde nach der Schau dem neuen Francisco-Josephinum geschenkt

 

Auch ein landwirtschaftlicher Meilenstein wurde damals im Prater gesetzt: der Pflanzenbauexperte an der neu gegründeten Hochschule für Bodenkultur im Palais Schönborn in der Josefstadt, Friedrich Haberlandt, zeigte erstmals in Europa die Sojabohne samt Zucht- und Anbauplänen „mit hohen Erwartungen für die Volksernährung“. Die Land- und Forstwirtschaft sowie deren Erzeugnisse waren auch Themen in einigen der nahezu 140 reich verzierten Pavillons in verschiedensten traditionellen, oft auch sehr exotischen Baustilen rund um die Rotunde. So hatten neben dem ostgalizischen oder dem siebenbürgischen Bauernhaus, einem türkischen Kaffeehaus, dem chinesischen Teehaus oder einer norwegischen Fischerhütte auch alteingesessene Adelsfamilien wie die Schwarzenbergs oder das Haus Sachsen-Coburg eigene, prachtvollen Salettl. Im Ziegelbau des Fürsten Schwarzenberg wurde eine „Collectiv-Ausstellung“ mit Stammholz-Sammlungen, Jagdutensilien sowie Proben „der hohen Blüte der Agricultur“ von Schafwolle bis Zucker gezeigt. Zwischen den Objekten der Brauer-Dynastie Dreher, dem St. Marxer-Pavillon der Schwechater Brauerei oder jenem der Silberegger Actien-Brauerei stand der Pavillon des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha: Ein niedriger Holzbau von moderner Form, aus einer Rotunde mit vier offenen Flügeln. „Im Inneren barg derselbe Erzeugnisse aller Art von den herzoglichen Gütern, Forstproducte, Modelle, Mineralien, die ein beredtes Zeugnis von dem Culturstande derselben ablegen“, hieß es dazu im Weltausstellungsalbum.

 

Der reich verzierte Pavillon als Standort eines Landwirtschaftlichen Museums gehörte wie das „Technologicum“ oder die Gärtnerschule zu den Aushängeschildern des FJ

 

1874 wurde der Pavillon abgebaut, die Bestandteile feinsäuberlich zerlegt und samt vieler Ausstellungsstücke als Lehrmaterialien „im Auftrag des Prinzen August von Coburg-Gotha, Herzog zu Sachsen“ dem Francisco-Josephinum in Mödling geschenkt. Die fünf Jahre zuvor von Franz Xaver Grutsch unter der Patronanz des Kaisers als Bildungsanstalt für den „gehobenen“ agrarischen Mittelstand gegründete Schule diente damals als Kaderschmiede allen voran für Gutsbeamte des höhergestellten Landadels im gesamten Kaiserreich. Das Haus Coburg zählte über die Seitenlinie Kodary zu den größten Grundbesitzern in Ungarn und besaß dank Verwandtschaft mit dem Kaiser von Brasilien auch Latifundien in Südamerika. Bei der Weltausstellung vertrat August die brasilianische Dependance. Grund für die Schenkung: der Pavillon sollte den Auszubildenden als Museum zur Ausstellung von Lehrmitteln dienen.

Mehr als einhundert Jahre später drückte übrigens ein entfernter Nachkomme des Stifters, Maximilian Sachsen-Coburg (MJ 1992 LW) ebenfalls die Schulbank am FJ, wenn auch in Wieselburg. Die Übersiedelung des FJ von Mödling nach Schloss Weinzierl im Jahr 1934 hat der Pavillon indes nicht mitgemacht. Ob das Gebäude zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch exisitierte, ist nicht bekannt. Eine alte Fotografie zeigt den herzoglichen Pavillon im Jahr 1878 am Schulgelände an der Guntramsdorferstraße. Auch Zeichnungen in alten Festschriften zeugen von der generösen Schenkung.

 

Fotos: Wien Museum; FJ-Archiv, EU-Parlament, Bauernzeitung