Seit 1977 dokumentiert die Politische Akademie jährlich das politische und volkswirtschaftliche Geschehen im „Österreichischen Jahrbuch für Politik“. Überparteilich und sachlich werden hier komplexe politische Vorgänge analysiert und diskutiert.
Am 12. April um 10.30 Uhr wird die neueste Ausgabe des Politischen Jahrbuchs im Palais Epstein in Wien präsentiert. Bei der Vorstellung des Buches geben die Herausgeber in Impulsen und ausgewählte Autorinnen und Autoren in Talk-Runden Einblicke in das abgelaufene politische Jahr 2023 und spannen so einen Bogen über Wirtschaft, Politik und Medien.
VAÖ-Mitglied Poschacher im „Österreichischen Jahrbuch für Politik“
Für dieses Werk hat VAÖ-Mitglied Gerhard Poschacher eine umfangreiche Dokumentation zum Thema „Bauerndemonstrationen und Bauernbefreiung in Österreich“ geschrieben.
Sein Beitrag beschäftigt sich mit den großen Bauerndemonstrationen in der Ersten und Zweiten Republik. Poschacher gibt eine kurze Vorschau: „Hervorzuheben ist der Bauernaufstand 1919 vor dem Parlamentsgebäude in Wien, als Kommunisten eine Räterepublik ausgerufen haben. Josef Stöckler, Gründer des Bauernbundes vor 105 Jahren und Staatssekretär für Landwirtschaft (1918/1920) organisierte mit 100.000 Bauern mit dem Motto „Bisher und nicht weiter“ die Funktionsfähigkeit der Nationalversammlung. In der Zweiten Republik sind vor allem die vom Allgemeinen Bauernverband, unterstützt von der FPÖ, die große Demonstration mit 5000 Teilnehmern gegen das Sparpaket (Kürzung der Fördermittel, Auto-und Weinsondersteuer und Anhebung der Bauernbeiträge für die Überschussverwertung bei Milch „Krisengroschen“) der ÖVP-Alleinregierung mit Bundeskanzler Josef Klaus und Finanzminister Stephan Koren hervorzuheben, das wesentlich zur knappen Wahlniederlage der Volkspartei 1970 beigetragen hat. Dazu kam, dass die Regierung den Demonstranten eine Aussprache verweigerte.“
Im Jahre 1971 organisierte der NÖ-Bauernbund mit Landeshauptmann Obmann Andreas Maurer, nach der Wahlniederlage der ÖVP 1970 die größte bäuerliche Demonstration in der Geschichte der Zweiten Republik mit 15.000 Teilnehmern und 7000 Traktoren. Der Ärger des Bauernbundes richtete sich gegen Budgetkürzungen im Grünen Plan und die Feststellung im SPÖ-Agrarprogramm, wonach die Bauern „bisher Opfer einer falschen Landwirtschaftspolitik waren.“
In den 1980er Jahren organisierten vor allem der 1953 gegründete Allgemeine Bauernverband (ABV) und die FPÖ-Bauern Demonstrationen gegen die Weinbaupolitik und die steigenden Produktionskosten. Ebenso organisierte die IG-Milch mehrere Demonstrationen gegen die EU-Agrarpolitik. Im Jahre 2020 veranstaltete der Bauernbund Protestaktionen vor SPAR-Filialen, um auf den unbefriedigenden Anteil der Landwirtschaft entlang der Wertschöpfungskette hinzuweisen. Der bisher letzten Demonstration, veranstaltet von der FPÖ 2024 gegen die EU-Bürokratie, wurde keine besondere öffentliche Aufmerksamkeit zuteil.
Im Abschnitt über die Bauernbefreiung 1848 in Österreich, verbunden mit dem Reichstagsabgeordneten Hans Kudlich, wird auf die gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen in den Jahrzehnten danach ebenso verwiesen wie auf die Bedeutung des kaiserliche Erbes, das bis heute Bestand hat: Landwirtschaftsministerium, gegründet 1868; Francisco-Josephinum in Wieselburg und Börse für landwirtschaftliche Produkte 1869; Hochschule (Universität) für Bodenkultur 1872.
Fotos: Poschacher Privat, Archiv NÖ Bauernbund