In der jüngsten Ausgabe der RWA-Zeitschrift „Unser Land“ hat Redakteur Philipp Schneider unter dem Titel „Farmfluencer: Ich liebe diesen Beruf einfach“ die Farmfluencerin Martina Prutsch aus der Steiermark porträtiert. Mit Genehmigung von „Unser Land“ bringen wir hier seinen Beitrag über eine neue Art und Weise, über die Welt der Bäuerinnen und Bauern zu kommunizieren.
Farmfluencer „Ich liebe diesen Beruf einfach“
„Ich bin heute noch erstaunt, dass ich so eine große Reichweite habe.“ Rund 54.000 Follower zählt der Instagram-Account von Martina Prutsch, den die Steirerin vor drei Jahren in einer spontanen Aktion von einem privaten Profil in einen öffentlichen Account umgewandelt hat. „Auslöser war ein Fernsehbericht über schwarze Schafe bei den Bauern, der die Arbeit in der Landwirtschaft in meinen Augen einfach falsch dargestellt hat.“ Öffentliche Richtigstellungen gab es damals keine. „Wenn sonst keiner was sagt, dann mache ich das halt, habe ich mir gedacht. Ich hab dann einfach auf meinem Profil meine Meinung gesagt“, erzählt Martina.
„Es gibt genug Bauern, die sich täglich den A*rsch aufreißen und die sorgsam ihre täglichen Aufgaben erledigen. Sollte man nicht einmal denen die Aufmerksamkeit schenken, die sich in ihrem Beruf entfalten?“, schrieb die heute 23-Jährige in ihrem damaligen Posting. „Man hat gemerkt, dass das die Leute interessiert und dass sie hören und lesen wollen, was eine Landwirtin zu sagen hat.“ Seit damals lässt Martina ihre Follower am Leben und Arbeiten auf dem familiengeführten Hof in St. Stefan im Rosental teilhaben, einer Gegend, die durch eine sehr kleinstrukturierte Landwirtschaft geprägt ist.
Die 23-Jährige ist am elterlichen Betrieb aufgewachsen und hat von frühester Kindheit an mitbekommen, wie eine Landwirtschaft funktioniert. „Ich weiß also, was hinter einer Landwirtschaft steckt und liebe diesen Beruf einfach.“ Mit viel Engagement ging sie in den folgenden Wochen und Monaten daran, ihre Follower an ihrem Arbeitsalltag teilhaben zu lassen und über verschiedene Aspekte der Landwirtschaft zu informieren.
„Mit der Zeit habe ich angefangen, gewisse Themenbereiche speziell aufzuarbeiten. Die Landwirtschaft ist schließlich ein sehr komplexes Thema und ich will, dass das für die Leute, die mir folgen, verständlich ist.“ Dafür tut Martina auch einiges, eignet sich viel Fachwissen zu Themen an, mit denen sie selbst bis dato nichts zu tun hatte. Anschließend bereitet sie die Themen für ihre Follower auf, von denen mittlerweile viele aus einem nicht-landwirtschaftlichen Umfeld kommen. „Es freut mich total, dass mir so viele Stadtmenschen folgen, weil einem Landwirt muss ich natürlich nicht erklären, wie es in der Landwirtschaft läuft.“
Aktuell setzt sie sich auf ihrem Account zum Beispiel mit Alternativen zu natürlichen Lebensmitteln auseinander sowie der damit verbundenen Frage, ob es Landwirte in der Zukunft überhaupt noch braucht. Sehr wichtig ist ihr auch das Thema Wertschätzung für die tagtägliche Arbeit, die Bauern trotz stetig steigender Anforderungen seitens Politik und Gesellschaft zu leisten bereit sind. „Das Thema Wertschätzung beginnt aber schon bei uns Bauern selbst, da gibt’s immer wieder viel Neid. Wenn wir uns aber untereinander nicht unterstützen, darf es uns nicht wundern, dass auch andere das nicht tun.“
Mittlerweile investiert Martina relativ viel Zeit in ihren Instagram-Account. Am Anfang „ging das noch locker nebenbei mit, weil man sich spielerisch ein bisserl rantastet.“ Mittlerweile kommt ihr natürlich die Social-Media-Erfahrung der vergangenen drei Jahre zugute, trotzdem kümmert sie sich pro Tag mindestens ein bis zwei Stunden um ihren Account. „In dieser Zeit habe ich aber noch keine Nachrichten beantwortet oder sonstwas Spezielles gemacht“, gibt sie zu bedenken. Ihre Aktivitäten auf Social Media können also leicht mal das Ausmaß eines Nebenjobs annehmen. Dadurch, dass sie sich bei einigen Themen, die sie für ihre Follower aufbereitet, selbst erstmal Wissen aneignen muss, schlägt sie allerdings zwei Fliegen mit einer Klappe, „ich lerne selbst sehr viel dabei“.
Die große Social-Media-Reichweite bringt es natürlich mit sich, dass immer wieder Anfragen von Parteien oder Unternehmen in ihrem elektronischen Postfach landen. „Ich will aber unparteiisch bleiben“, betont Martina. „Mir ist wichtig, dass die Leute wählen gehen und dafür nutze ich auch gerne meinen Einfluss als Farmfluencerin. Aber bei welcher Partei die Leute ihr Kreuzerl machen, das ist ihre Sache.“ Fragen Firmen wegen einer Kooperation an, überlegt Martina sehr genau, ob das in Frage kommende Produkt zu ihr passt bzw. ohnehin vielleicht schon auf ihrem Hof zum Einsatz kommt. Und an dieser Stelle des Gesprächs verrät Martina einen kleinen Baustein ihres Social-Media-Erfolgs: „Du musst ehrlich und authentisch bleiben, anders würde es nicht funktionieren.“
Sie selbst folgt auf Instagram – neben Freunden und Bekannten – übrigens hauptsächlich Accounts, auf denen sie selbst noch etwas dazulernen kann, darunter vielen Farmfluencern aus Deutschland. „Es gibt doch große Unterschiede zur Landwirtschaft in Deutschland und da kann man sich manchmal etwas abschauen“, sagt Martina. „In puncto Drohnenflug, Direktsaat und in anderen Bereichen sind sie in Deutschland ein bisschen weiter. Auch was KI betrifft, das ist ein sehr spannendes Thema.“
Viel Know-how, Authentizität und harte Arbeit – so erstaunlich ist es eigentlich gar nicht, dass Martina Prutsch einen der erfolgreichsten Farmfluencer-Accounts im deutschsprachigen Raum ihr Eigen nennt.
Fotos: Martina Prutsch