Hagelversicherung und BOKU schlagen gemeinsam Alarm: Die anhaltende Dürre verursacht in der Landwirtschaft heuer einen Gesamtschaden in der Höhe von 100 Millionen Euro.

 

Univ.Prof. DI DDr. Helmut Habersack, Leiter des Instituts für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung an der Universität für Bodenkultur und Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung

 

„Eine ständige Zunahme von Tagen mit Temperaturen über 30 Grad Celsius und ausbleibender Regen haben massive Auswirkungen. Diese extreme Wettersituation führt zu einem sinkenden Grundwasserspiegel und gefährdet damit Seen und Flüsse ebenso, wie die Ernten der Landwirtschaft. Die Ursachen dafür liegen auf der Hand: Die Erderwärmung, verbunden mit ausbleibenden Niederschlägen, aber auch die Verbauung unserer Äcker und Wiesen, die als Wasserspeicher zunehmend verloren gehen“, so Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, und Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. Helmut Habersack, Leiter des Instituts für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung an der Universität für Bodenkultur.

 

Dürreschäden in der Landwirtschaft

 

Negative Folgen für Landwirtschaft
„Wir hatten grundsätzlich eine gute Getreideernte, da es dafür noch ausreichend Niederschläge gab. Anders ist die Situation bei den Herbstkulturen, wie Mais, Sojabohnen, Kürbis, Kartoffeln, Sonnenblumen und dem Grünland. Insbesondere im Osten und Süden Österreichs rechnen wir mit erheblichen Ernteausfällen. Der Grund dafür liegt in den extremen Niederschlagsdefiziten der vergangenen zwei Monate. Die Konsequenz: Wir erwarten aus heutiger Sicht einen Dürreschaden in der Landwirtschaft von rund 100 Millionen Euro. Das Phänomen von Dürreschäden nimmt in der Landwirtschaft stark zu. Während in den 80iger Jahren alle zehn Jahre eine Dürre aufgetreten ist, treten große Dürreereignisse in Österreich nun durchschnittlich jedes zweite Jahr auf. So entstand in den vergangenen zehn Jahren aufgrund der Dürre ein Gesamtschaden von mehr als einer Milliarde Euro“, so Weinberger in einer ersten Zwischenbilanz.

 

Niederschlagsdefizit von 11. Juni bis 11. August 2022

 

Fluss- und Grundwasserspiegel sinken
„Der Klimawandel mit starken Niederschlagsdefiziten, die Versiegelung der Böden und die Regulierung der Flüsse mit daraus folgenden Erosionen des Flussbettes wirken sich nachhaltig negativ auf den Grundwasserspiegel aus. Eine Folge davon sind See- und Flusswasserstände, die so niedrig sind wie selten zuvor. So ist etwa der Wasserstand des Bodensees nur mehr elf Zentimeter von seinem historischen Minimalwert entfernt. Aber auch der Neusiedler See erreicht heuer seinen tiefsten Wasserstand seit 1965, der benachbarte Zicksee ist fast vollständig ausgetrocknet. Mit ein Grund dafür ist der niedrige Grundwasserstand. Aber auch die Abflüsse der Flüsse, also das durchfließende Wasservolumen, leiden durch den Klimawandel. Der Abfluss an der Donau liegt derzeit unter dem langjährigen Mittel, wovon vor allem die Schifffahrt und die Wasserkraft stark betroffen sind“, so der Experte Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. Helmut Habersack. Und weiter: „Zuletzt stellt die Versiegelung von Flächen ein massives Problem dar, denn diese führt zu einer Reduktion der Grundwasserneubildung. Was dies bedeutet, sehen wir nun am Beispiel von Österreichs Seen und Flüssen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist ein Rückbau von Flüssen und Feuchtgebieten sowie die Reduktion des Bodenverbrauchs notwendig. Wasser könnte so länger in der Landschaft gehalten werden, was wiederum auch der Reduktion des Hochwasserrisikos dient, da Überflutungsflächen erhalten bleiben beziehungsweise zurückgewonnen werden.“

In 25 Jahren 150.000 ha Agrarflächen verbaut
„Neben der Bedrohung der österreichischen Landwirtschaft durch zunehmende Dürreschäden, wird die landwirtschaftliche Produktion durch die rasante Zubetonierung der Agrarflächen massiv gefährdet. Alleine in den letzten 25 Jahren wurden in Österreich 150.000 ha Agrarflächen verbaut, das entspricht einer Größe der gesamten Agrarfläche des Burgenlands. Die zunehmende Versiegelung führt nicht nur dazu, dass Agrarflächen für die Produktion von Lebensmitteln verloren gehen. Versiegelter Boden geht auch als Wasser- und Kohlenstoffspeicher verloren, wodurch Überschwemmungsschäden zunehmen, da der Regen nicht mehr ins Grundwasser absickern kann. Hinzu kommt der Aspekt, dass gleichzeitig versiegelte Flächen Hitze stärker aufnehmen, speichern und wieder abgeben. Versiegelter Boden ist auch Mitverursacher eines sinkenden Grundwasserspiegels durch eine Verhinderung der Grundwasserneubildung“, so Weinberger und Habersack abschließend.

 

Fotos: Hagelversicherung